aussichten: Bosque del Apache
             
             
   
  
     
         
             
      BOSQUE DEL APACHE      
             
 
 

Es kommt nicht ganz unangekündigt, das Problem. In Los Angeles hatte ich ein einmotoriges Flugzeug gemietet, um Stunden am Himmel zu sammeln: Voraussetzung für den nächsten Schritt meiner Ausbildung, die Berufspilotenlizenz. Diesmal ist es eines mit einer Einspritzanlage, was das Anlassen erleichtern sollte. Aber mit jedem Tag, den ich Abstand gewinne von Kalifornien und mich in den höher gelegenen Weiten des Westens verliere, tut sich der Motor schwerer.

 

     
     

 

     
     

In San Miguel, Arizona, erregen meine morgendlichen Startversuche schon Aufmerksamkeit, gefolgt vom guten Rat einer kleinen Gruppe hilfsbereiter Weltkriegsveteranen, die am winzigen, kakteengesäumten Flugplatz mit seiner rissigen Startbahn ihr jährliches Treffen abhalten. Aber dann läuft er wieder, der Motor, und auch nach der Mittagspause in Cochise County, in dieser indianisch rotbraunen Weite, gibt es keine Probleme. Weiter nach Socorro, New Mexico. Im Anflug ein weiter Bogen über die riesige Anordnung auf Schienen laufender Radioteleskope dort in der Wüste, vorbei an einem schneebedeckten Gipfel. Landung. Und dann sitze ich fest.


Aber das stellt sich erst am nächsten Morgen heraus, als der Flugplan nach Taos in den Bergen New Mexicos schon aufgegeben ist. Der Motor, trotz aller inzwischen als erfolgreich etablierten Tricks, er will einfach nicht starten. Es muss wohl die dünne Luft der Höhe sein, vielleicht auch in Kombination mit Trockenheit oder Temperatur. Nach ungezählten Versuchen gebe ich auf am menschenleeren Flugplatz, rufe ein Taxi, besorge einen Mietwagen, und erreiche einen Mechaniker, der sein Kommen für den nächsten Morgen anmeldet. Socorro, das heißt Hilfe.

Wenn man ein paar Tage mit dem Flugzeug unterwegs war, ist das Auto eine Umstellung. Auf gut Glück losgefahren, erstreckt sich vor mir kilometerweit der Sperrzaun des ehemaligen Atomwaffentestgeländes White Sands. Also nach Süden, und so erreiche ich den Bosque del Apache.

Dieser Wald ist nach mitteleuropäischen Vorstellungen eher spärlich, viele Bäume zeigen die Spuren sommerlicher Brände. Schwarz ragen ihre Konturen in den klaren Wüstenhimmel. Dazwischen windet sich der Rio Grande, verbreitert sich, speist Nebenarme und flache Lagunen und gibt zigtausenden von Zugvögeln Winterquartier. So auch den letzten Schreikranichen, den größten Vögeln Nordamerikas, die gelegentlich trompetend am Himmel ihre Kreise drehen, gut von den unzähligen kleineren Kranichen zu unterscheiden.
Der Nachmittag schreitet voran, Gras und Schilf leuchten im späten Licht, geben den Blick auf immer wieder andere Vögel preis, auf Koyoten und Wild. Darüber wie ein Teppich die Musik der unzähligen Vogelstimmen. Es ist kühl, aber nicht kalt; Schwärme von Vögeln erheben sich und sinken nieder, ziehen als Schattenriss an der untergehenden Sonne vorbei. Als die Sonne die Berge berührt, geht über den aus dem Wasser ragenden Baumstümpfen der volle Mond auf.

Am nächsten Morgen, nach einigen Feineinstellungen an der Einspritzung und dem Reinigen der Zündkerzen: Der Motor startet beim ersten Versuch. In Taos hat sich das Wetter verschlechtert, und ich nehme lieber Kurs nach Süden. Über den Bosque del Apache hinweg im Steigflug: Und froh, dass mich die Technik hier zum Aufenthalt gezwungen hat.