aussichten: Lofoten
             
             
   
  
     
         
             
      LOFOTEN      
             
 
 

Was ich erwartete hatte, weiß ich nicht genau, als ich nicht lange nach meinem achtzehnten Geburtstag das erste Mal die Lofotenmauer vor mir sah. Ein klarer Tag Ende Juni, die Luft mild so weit im Norden an der norwegischen Küste, jenseits des Polarkreises. Eine unruhige, helle, Zugnacht liegt hinter uns, das Budget ist klein.

Diese Wärme, dieses Licht, als sollte der lange, finstere Winter ausgeglichen werden. Die Fähre gleitet über das dunkle Wasser des ausgedehnten Meeresarms, der das Festland von den Inseln trennt. Dann tritt am Horizont die fest gefügte, nur nach Westen hin durchbrochene Mauer der Berge aus dem Dunst, eine langgestreckte Aneinanderreihung unzähliger Gipfel, viele von ihnen noch mit Schneeflecken. Als hätte man die Alpen unter Wasser gesetzt

 

     
     

 

     
     

Aus der Nähe sind es dann die Details, die zum Bleiben und Staunen nötigen. Weiße Strände, türkises Meer. Der Golfstrom sorgt für ein der hohen nördlichen Breite nicht angemessenes, mildes Klima. Blumenwiesen, Strandseen, nur durch ein paar Felsen vom Nordmeer getrennt. Wenig scheue Fischotter, aber auch Pottwale, Seeadler, Papageientaucher. Die rot gestrichenen, an und über das Wasser gebauten Fischerhütten. Trockengestelle für Dörrfisch.

Das allgegenwärtige überquellende Grün, dieser Luxus der Natur, ist an den kurzen Sommer mit seinen nicht endenden Tagen und dem unvergleichlichen nächtlichen Sonnenschein gebunden, aber auch zu anderer Zeit bleibt die besondere Schönheit der Inseln. Milde Tagestemperaturen empfangen uns schon im März, mit raschen Wechseln von Nebel und Sonne an verschneiten Stränden. Der Mai macht es möglich, gut zu Fuß unterwegs zu sein an den moosbedeckten Ufern auftauender Seen und über die schwindende Schneedecke der Bergrücken. Nächte unter freiem Himmel, im Schlafsack, Sterne und Mond zwischen Wolken. Lange nach Mitternacht ein paar einsame Regentropfen, wie nur geträumt.

Was ich erwartete hatte, weiß ich nicht genau, damals, bei meinem ersten Besuch. Ich bin dankbar dafür, inzwischen viele besondere und schöne Orte und Landschaften gesehen zu haben. Auf den Lofoten aber ist ein Teil von mir zu Hause. Dorthin muss ich gelegentlich wieder zurück.

 

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